Arabischer Antisemitismus

Yussef hat folgendes geschrieben:  
Wenn du aber Antisemitismus benutzt, ... Der Begriff Semiten ist eindeutig definiert. Personen vom Stamme Sem, oder Sam, oder auch jiddisch Scham, ...

Angenommen, ich würde "Markus" heißen, so wäre ich für Dich der Bote des Kriegsgottes, weil Du die Herleitung des Namens kennst? Oder könnte ich nicht doch das diametrale Gegenteil sein, vorausgesetzt mit entsprechendem Willen und Geist.

Yussef hat folgendes geschrieben:  
Wen meinst du also in diesem Zusammenhang? die Palästinenser? Die Iraker?, Die Jordanier oder Syrer? ...

Nun entlarvst Du doch die Absurdität Deiner Begriffskritik. Oder möchtest Du auch nur irgendjemandem ernsthaft erzählen, dass Du den Begriff Antisemitismus gegen Palästinenser, Iraker, ... verwendet siehst?

Die begriffliche Herleitung ist uns hier sehr wohl bekannt, aber die Verwendung längst verschieden von ihr. Aber der akademische Einwand sollte nicht blind für die Realitäten sein, in denen Antisemitismus ausschließlich Feindschaft gegen Juden bedeutet.

Dieser Antisemitismus ist mit dem Holocaust (=ebenfalls andere Begriffsherleitung) unauflösbare Geschichte geworden.

Und diese Geschichte war so gravierend, dass sie zum Problem aller wird, die gegen Jüdisches Front machen. Das muss nicht zwingend Feindschaft gegen Jüdisches an sich sein, sondern es genügt, wenn ein Zusammenhang zum Jüdischen besteht, wie es mit dem Staat Israel der Fall ist, mit anderen Dingen aber auch oft genug konstruiert wird, um dem eigentlichen Anliegen Verstärkung zu schaffen.

Die Israel-Feindschaft vieler Araber ist mir aus eigener Erfahrung ein weitverbreitetes Faktum, sehr wohl auch eine Realität der Gegenseitigkeit, denn ich kenne ebenfalls genug Israelis und Juden, die menschenverachtend gegen Araber reden und handeln, dem Gaza einen "Tsunami" wünschen, seit dort keine israelischen Siedlungen mehr sind usw., während die selben Menschen sich beschweren, dass die Araber die Israelis ins Meer treiben wollen. - Also man wünscht sich nicht sehr viel Gutes in diesen unfriedlichen Zeiten. Und vieles an diesen Wünschen hat eliminatorische Qualität.

Bei solcher Gemeinsamkeit in der Gegensätzlichkeit sehen sich ganz offensichtlich viele Araber "historisch benachteiligt", weil sie vom NS-Vernichtungswahn nicht betroffen waren, auf den aber die Israelis hinweisen können und viele dann auch in Fällen tun, in denen es nicht angebracht ist, sobald ihnen eine Kritik, eine Forderung nicht gefällt. Das ist Missbrauch des Holocaust-Gedenkens und rechtfertigt Kritik an solchen, die es tun.

Aber arabisches Benachteiligtsein-Denken bezogen auf den ihnen erspart gebliebenen Holocaust, weil es den Missbrauch damit auf israelischer und jüdischer Seite gibt, ist verrückt, nicht hinnehmbar. 
Diese Verrücktheit gibt es massenweise, hinter vorgehaltener Hand, wie ich es in meinen politischen Ämtern x-fach erlebte, aber auch bis hin zu den weltöffentlichen Sprüchen des iranischen Präsidenten, die er sich eben nicht sämtlich selbst ausgedacht hat, sondern zitieren, was ihm Schule war. - Das ist ein riesiges Problem, man darf es nicht kleinreden, denn daraus wird Gewalt und es rechtfertigt vielen Israelis die enorme Gegengewalt anstelle von Friedensbemühungen.


Weil jeder weiß, wohin Antisemitismus führte, darf auch jeder fürchten, dass es sich wiederholt und dagegen tun, was erforderlich ist.

Nur sollte dennoch nicht "jede Gegenwehr" für statthaft gehalten werden, wie es maßgebliche Politiker immer wieder verkünden, sondern muss dennoch auf Verhältnismäßigkeit bedacht sein und die Feindschaft durch Friedensverhandlungen aus der Welt schaffen. - Darin liegt die Kontroverse zwischen mir, vielen Israelis, vielen Juden. Aber auch Übereinstimmung mit vielen, die nur leider in der Minderheit scheinen oder schweigen.

Jeglichen Revisionismus gegen die Israel-Existenz lehne ich jedoch ab, denn selbst dann, wenn die Israel-Gründung Unrecht war, obwohl doch jedem erkennbar zumindest auch Versuch, gegen weltweite Verfolgung Zuflucht in Selbstbestimmung zu geben, so ist Revisionismus gegen Israel nicht ohne gigantisches Unrecht machbar, so dass es einzig darauf ankommen kann, zunächst den Weg zu friedlicher Koexistenz einzuschlagen und mit Erledigung aller Feindschaft ein gemeinsames Leben zu finden, in denen Grenzen und Religionszugehörigkeiten für das Miteinander an Bedeutung verlieren oder der Gemeinsamkeit nutzen.

Die Kritik an der Staatsgründung Israels wird bleiben, denn die Interpretation, dass es eine "fremdherrschaftliche Staatsgründung inmitten inzwischen arabischer Bevölkerungsmehrheit" war, ist historisch nicht ohne Plausibilität, aber schafft die Geschichtskritik nicht die Wende in eine friedliche Zukunft, die auch gerade Unrecht verschmerzt, wie ich es beispielsweise von ehemaligen Königsbergern verlange, dann ist die Kritik Kriegstreiberei, verschafft dem Terror und der Gegengewalt Israels Vorschub.

Auch wenn Dir Noa wie ich als Europäer keine Semiten sind, so mag das für den Biologen von Belang sein, aber politisch ist es das nicht, solange uns Antisemitismus begegnet, denn er ist keine Fiktion von uns, sondern Fiktion in den Köpfen z.B. von Nazis. Und Einbildung genügt zu Verbrechen, die auch tatsächlich geschehen.

Yussef hat folgendes geschrieben:  
so sag einfach Juden oder Antijuden.

Sicherlich könnte man das tun. Viele Begriffe ändern sich, können zur Klärung helfen oder verschleiern, aber es geht oft eben nicht nur um Sprachwissenschaft oder um das Spiel mit Begriffen, wenn einer verschlissen ist und der nächste besser in die Propaganda passt, wie es ja gerade in Bezug auf den Begriff Antisemitismus auch von Nazis bestrebt ist, was Du möglicherweise nicht weißt.
Stattdessen geht es um realen Hass gegen Juden, aber längst nicht nur gegen Juden, sondern auch gegen solche wie mich, die als "verjudet" und ähnlich nicht gerade angehimmelt werden.

Also noch einmal: Antisemitismus hat nichts mit Ethno -Semiten zu tun und bezeichnet andererseits auch nicht nur Feindschaft gegen Juden, sondern gegen alles, was mit dem Jüdischen in Zusammenhang steht oder damit in Zusammenhänge konstruiert wird.
Dieser Antisemitismus war sozusagen die "Basisreligion" des Nationalsozialismus, denn kein Unrecht war den Nazis anderes erklärlich als aus dem Judentum, kein Oppositioneller war den Nazis anders verdammlich als aus dem Judentum.

Der Antisemitismus war nicht in allem vom NS erfunden, was er zu nutzen verstand, auch war der Antisemitismus nicht Staatsziel, aber stellte den Nazis den Begründungszusammenhang her für ihr Tun.
Ein in sich widersprüchlicher Begründungszusammenhang zwar, der sich mit dem Weltmachtanspruch der "Herrenrasse" und weiteren Wünschen verquerte, aber wer unredliche Ziele hat und Widersprüchlichkeiten in Kriegsdimension will, dem kommt es auf die Widersprüchlichkeiten in seinen Begründungen wenig an, zumal sich die Menschen von militärischen "Siegen" leichter beeindrucken lassen als beispielsweise von schlüssigeren Moralphilosophien. Auch auf diese Karte konnte Hitler setzen. Solange er noch Karten hatte.

Yussuf hat folgendes geschrieben:  
Zu der von mir verlinkten Seite möchte ich dir mitteilen, daß ich lange gerungen habe diesen Link zu setzen.

Sah ich nicht, aber es kann in der Forenmoderation schon antisemitisch angekommen sein, denn wir wissen zwar um den arabischen Umgang mit dem Begriff, aber erstrecht mit dem Umgang in Europa und speziell in unseren Foren: Also ist uns der Antisemitismus zurecht erst dann vom Tisch, wenn erledigt ist, was sich damit verbindet.

Du weißt, dass wir mit dem Antisemitismus keine Palästinenser bedroht sehen, also sei so nett und schiebe uns da keine Begriffsverwendung unter, die es nirgends auf der Welt nicht gibt. Im Gegenteil verbünden sich nicht selten palästinensischer und "germanischer" Antisemitismus.

Du magst es dann Israelfeindschaft oder Judenhass nennen, was auch seine Richtigkeit hat. Niemand im Moderatorenteam hat damit Probleme. Aber diese Begriffe bringen den Antisemitismus-Begriff nicht außer Kraft, betreffen entweder anderes oder spezifizieren nur Aspekte von dem, was ich oben als Antisemitismus beschrieb.

Übrigens gibt es Nationalsozialisten, die uns ankreiden, dass wir Nationalsozialisten als "Nazis" bezeichnen, denn es müsse "richtiger abgekürzt" doch eigentlich "Nasoz" heißen.

Und: Wir nehmen die Anregung zur Kenntnis, aber folgen ihr nicht:-)

Trotzdem mag es Antifaschisten geben, die dankbar für solche "Aufklärung" sind und fortan von "Nasoz" sprechen. Es versteht sie nur dann kaum einer mehr.

Liebe Grüße von Sven200609   
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