Gerechter Lohn         >>>  Gerechter Lohn

unfertig, nicht gepostet  und  VERALTET (2004):

Meinen vorherigen Kommentar hatte ich eigentlich schon wieder gelöscht, aber er kann eine Problematik aufzeigen, die sich schon daraus ergibt, dass ein Anspruch auf "volle Stellen" in vielen Bereichen auch keine einzige "halbe Stelle" schafft, sondern verhindert.

Bei uns ist es beispielsweise so: Es war mal größer, aber es war auch nicht mein "Ding", Arbeitnehmern einreden zu müssen, dass man sich nicht immer topfit fühlen muss, um in einem Betrieb gebraucht zu werden.

Natürlich gibt es Amtsärzte, aber wie hoch ist schon der Schaden, ehe man jemanden dorthin schicken würde? Ich schickte nie jemanden hin. Stattdessen lieber persönlicher "Gesundheitscheck" und Rauswurf entgegen Arbeitsrecht, was immer auch Risiko war. Aber so ist es in Kleinbetrieben.

Und noch eine negative Auswirkung: Wie tief muss man tarifieren, um solche Schäden wegzustecken? Im Baubereich: unter zwei Wochen Krankschreibung war Seltenheit, drei, vier Wochen keine, acht Wochen der Rekord, alle Termine unhaltbar, alle Kalkulation daneben. Wer in dem Geschäft zu sehr auf den Anstand vertraut, geht baden. Wer die Arbeitnehmer im ersten Halbjahr (Probezeit) feuert, ist auf der sichereren Seite. Aber das tut man nicht und bringt es auch nicht wirklich ins Lot.

Besser sah es im Vermögensverwaltungsbereich aus: fast nur Frauen und Höchstmaß an Verantwortung, aber dieser Bereich musste den Baubereich permanent alimentieren. 

Bis die ersten Kinder kamen, dann waren die Frauen Mütter und die Wehwehchen der Kleinen standen näher. Krankschreibungen suggerierten, dass frau am Arbeitsplatz abkömmlich war. Das sieht man als Chef bald ein und verkleinert die Belegschaft, wodurch der Gewinn steigt. So viel braucht man nicht. Also verkleinert man auch die Auftragsannahme usw. 

Woran liegt das alles? Sind die Menschen faul? Es liegt an der falschen Vorstellung, dass der Lebensunterhalt vom Beitrag dazu unabhängig sein dürfe. Volle Gehaltsfortzahlung, als komme es auf die Gegenleistung nicht an, sondern einzig darauf, was ein Betrieb "aushält". Die volle Gehaltsfortzahlung ist ein Appell an die Solidarität, aber in Realität ihre Unterminierung. - Daran ändert Hartz-4 nichts. 

Sicherlich: Die Krankschreibungen gingen in den letzten Jahren stark zurück, aber doch nicht "aus Einsicht in ein besseres Prinzip", sondern aus einem richtig ekligen "Prinzip", dem Prinzip der Angst vor der "großen Keule", nämlich dem Verlust des Arbeitsplatzes durch Betriebsaufgabe oder Betriebsverlagerung. 

Ich hatte auf all das keine Lust mehr, auch wenn es noch gut funktionierte, aber wohl auch deshalb, weil ich mit meinen Appellen gut durchkam. Nur: ich appelliere zwar gern (was man auch an meinen Postings sehen kann), aber ich bin ungern darauf angewiesen, dass die Appelle auch tatsächlich fruchten. Solche Abhängigkeiten scheue ich total. 

In unseren politischen Foren greift es mich nicht an, wenn jemand mit meinen Ansichten nicht zurecht kommt. Dann probiere ich es halt noch einmal - und möglichst besser, aber das habe ich demjenigen dann schon wieder zu verdanken, der mich nicht versteht. 

Im Berufsleben ist es jedoch rasch zu teuer, wenn man sich nicht durchsetzen kann. In der Politik zwar auch, nur kommen die Quittungen so indirekt und oft zu verzögert, um aus ihnen zu lernen, geschweige denn noch etwas ändern zu können. 

"Hartz-4" und Müntefering. Klar bin ich gegen Lohndumping, aber ich mag mich nicht für "Mindestlöhne" begeistern, zumal ich mir im Unterschied zu manch Ideologen "gerechte Löhne" zumindest wünsche. 

Die Lohngerechtigkeit wünsche ich im Gegenleistungsverhältnis von Arbeit und Lohn, aber ich sehe ein, dass Gerechtigkeit von Preisen - und um nichts anderes geht es in Lohnfragen - leidet allerdings darunter, dass sie außerhalb von Tarifverträgen und Gesetz zu sehr dem Prinzip von Angebot und Nachfrage, dem Wettbewerb ausgeliefert wären. Deshalb


Möllenberg: Mindestlohn gegen Arbeit in Armut
Erfurt – 24. April 2004. Presseerklärung

Einen Kurswechsel in der Arbeitsmarktpolitik und ein existenzsicherndes Mindesteinkommen hat Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), am Samstag auf einer Veranstaltung seiner Organisation in Erfurt gefordert.

Angesichts der verschärften Zumutbarkeitsregeln, die ab 1. Januar 2005 für Langzeitarbeitslose gelten sollen, bestehe die Gefahr, dass immer mehr Menschen arbeiten, ohne davon leben zu können. "Wenn Langzeitarbeitslose künftig jede Arbeit, die nicht sittenwidrig ist und bis zu einem Drittel unter Tarif liegt, annehmen müssen, entsteht ein verheerender Druck auf das gesamte Tarifgefüge." Dem zu erwartenden Unterbietungswettkampf bei den Löhnen müsse deshalb eine untere Grenze gesetzt werden. Ein Mindesteinkommen von 1.500 Euro sollte gesetzlich geregelt werden, um Arbeit in Armut zu verhindern. "Der Versuch, neue Niedriglohnbereiche zu schaffen oder weitere Lohnkostenzuschüsse in Ostdeutschland zu ermöglichen, ist ein Irrweg." Möllenberg erinnerte daran, dass bereits ausgedehnte Niedriglohnbereiche, vor allem in den neuen Ländern gebe. So arbeite bereits jeder vierte abhängig Beschäftigte, überwiegend seien es Frauen, zu Löhnen, die bei 75 bis 50 Prozent des Durchschnittsentgelts lägen. Betroffen seien beispielsweise Branchen wie das Gastgewerbe, das Bäckerhandwerk oder die Geflügelwirtschaft.

Die Gewerkschaft NGG begrüße es, dass die Debatte um einen gesetzlichen Mindestlohn, für den sich NGG seit mehr als fünf Jahren einsetze, endlich öffentlich geführt werde und auch die Bundespolitik erreicht habe. Deutschland habe als Billiglohnland keine Zukunft, so der NGG-Vorsitzende. "Wir können nicht mit tschechischen Löhnen konkurrieren."

http://www.ngg.net

 

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