Nasrallah-Prozess virtuell

Politiker konkret verantwortlich machen - das machen wir selten genug gegenständlich.
Und jetzt will ich es, weil es aufgrund des Nasrallah-Geständnisses einfacher ist, als müssten wir erst noch seinen Tatbeitrag zum Überfall vom 12.Juli 2006 beweisen.

Yussef hat folgendes geschrieben: 
Einerseits empfindest du es als bemerkenswert, daß Narallah einen Fehler eingesteht, 

"Bemerkenswert" daran ist, dass solche Eingeständnisse Seltenheit haben und nicht das politisches Ende Nasrallahs zur Folge hatten, denn an der Qualität des Fehlers, in diesem Fall eines Schwerstverbrechens, ändert solch Geständigkeit nichts, die zudem unzureichend ist, was die Erörterung zeigen wird.

Yussuf hat folgendes geschrieben: 
Was also war passiert?
Seit Jahren bemüht sich die Hisb allah Gefangene aus dem ersten Libanon krieg mittels Verhandlungen frei zu bekommen.

Solches Bemühen ist nur in solchen Fällen angebracht, wenn die Gefangenen Unschuldige sind. Das wäre im Einzelfall zu prüfen, braucht Information über die Gefangenen.

Der Gefangenenaustausch ohne Einzelfallprüfung ist zwar seit Jahrtausenden politische Gewohnheit und kann humanitären und friedensfördernden Sinn machen, aber schon weniger, solange ein Konflikt nicht friedlich beigelegt ist, also durch den Gefangenenaustausch nur die Reihen der Kämpfer wieder aufgefüllt werden.

Ich erinnere mich nur zu gut, wie bei einem der früheren Austausch-Aktionen die Freigelassenen das Flugzeug verließen und die Fortsetzung des Kampfes schwörten, ähnlich einem Staatsempfang gefeiert.
Es waren in meinen Augen widerliche Szenen, vorhersehbar für alle, die den Austausch verlangt hatten, für alle die dabei vermittelten.

Mag sein, dass der Austausch trotzdem richtig war, aber wer nicht wenigstens bedauert, dass die Freigelassenen den Krieg weiterführen werden, treibt das Geschäft des Krieges.

Ich hätte nur solche Gefangene für den Austausch freigegeben, die geschworen hätten, sich zumindest für FÜNF Jahre jeglicher Beteiligung an militärischer Politik zu enthalten.

Yussuf hat folgendes geschrieben:
Da Israel alle Versuche negierte, gab die Hisb allah bekannt, daß sie jeden Israelischen Soldaten dessen sie habhaft werden können gefangen nehmen.

"Da" das Scheitern/Nichtzustandekommen von Verhandlungen zunächst mal eine von zwei für Verhandlungspolitik typischen Alternativen ist = "Einigung oder Nichteinigung", kann daraus längst nicht die Gewalt gerechtfertigt werden.

Die Hisbollah hatte allenfalls ein legitimes Interessen an Verhandlungen, aber keinerlei Recht zu ihrer Gewaltschlussfolgerung. Als Koalitionär der libanesischen Regierung hätte es a) des Einvernehmens im Kabinett bedurft und b) des Einklangs mit UN-Resolutionen.

Am Kabinettseinvernehmen dürfte es fehlen, aber möglicherweise gibt es innerhalb der Koalitionsregierung verabredete "stille Duldung", um sich nicht gegenseitig Schwierigkeiten zu machen. >> Dazu muss die libanesische Regierung als Gesamtheit geprüft werden, was jedes einzelne Kabinettsmitglied wusste und gegebenenfalls aus welchen Gründen duldete.

Am Einklang mit UN-Resolutionen fehlte es allemal, denn die Hisbollah sollte längst entwaffnet sein und das staatliche Gewaltmonopol längst anerkannt haben.

Nasrallah durfte also mit seiner Hisbollah keine auch nur irgendwie militärische Außenpolitik gegenüber Israel veranstalten.

Das Verhalten der Hisbollah in den von ihr kontrollierten Gebieten des Libanon wäre auf bundesdeutsche Verhältnisse übertragen "Hochverrat" (§§ 81 ff. StGB).

Die Kämpferei der Hisbollah gegen Israel wäre auf bundesdeutsche Verhältnisse übertragen "Friedensverrat" (§§ 80 StGB):

§ 80. Vorbereitung eines Angriffskrieges. Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.

Solch Gesetz scheint mir richtig. Zudem entspricht es internationalen Standards. Es gibt keinen Grund, von solcher Rechtsauffassung im Fall des Hisbollah-Chefs Nasrallah abzuweichen.

Yussuf hat folgendes geschrieben:
Bis heute ist nicht eindeutig geklärt auf welcher Seite sich die israelischen Soldaten befanden als sie gefangen genommen wurden.

Das würde nichts an der hoch- und friedensverräterischen Rechtswidrigkeit Nasrallahs Treiben ändern.
Überdies schien es für das Vorhaben Nasrallahs ohne Belang, sonst hättest Du uns anders informieren müssen, dass die Hisbollah ausschließlich auf libanesischem Gebiet Entführungschancen wahrnehmen wollte.

Erkennst Du solche Unzulänglichkeiten in Deinem Plädoyer?

Aber den Erfolg hast Du ja trotzdem, wie sich in Reaktion des mir lieben Timo erweist, wenn er sich durch vermeintliche "Hintergründe" vom Konkreten dieses Topics entführen lässt.

Timos Argumente sind richtig, "ein gutes Posting", aber Eure Diskussion geht auf den Leim derer, die vom konkreten, fassbaren Geschehen ablenkend ihre Verbrecherpolitik fortsetzen wollen.

Möchtest Du nicht, dass Nasrallahs Handeln rechtlich beurteilt wird? Weil die Sünde so allgegenwärtig ist, dass mein Rauspicken unrecht sei?

Das ist ja gerade dieser Untertanen-Geist, der sich damit abfindet, dass Ladendiebe bestraft werden, während die Feindesmörder Freiheit genießen, WENN sie Krieger der eigenen Seite sind.
Im Gegenteil wäre aber richtig, verbrecherische Politiker zu bestrafen. Wenn schon nicht durch Ergreifung und lebenslange Haft, so aber durch Urteil, zumindest durch unser Fordern.

Für das Nasrallah-Geständnis möchte ich festhalten:

1. Nasrallah bedauert seinen Befehl ausschließlich im Hinblick auf den Krieg in dessen Folge = juristisch irrelevanter Fall des "Kalkulationsirrtums", der also nichts entschuldet.

2. Nasrallah bedauert seinen Befehl nicht als verbotene Eigenmacht, denn das war es, wenn er militärische "Außenpolitik" gegen Israel betreibt, die nicht im Einvernehmen mit Kabinettsbeschlüssen der libanesischen Regierung steht = "vermeidbarer Rechtfertigungsirrtum", ändert nichts an der prinzipiellen Strafbarkeit.

3. Nasrallah bedauert seinen Befehl nicht als Bruch des Völkerrechts = "vermeidbarer Rechtfertigungsirrtum", ändert nichts an der prinzipiellen Strafbarkeit.

4. Nasrallah bedauert seinen Geiselnahme-Befehl nicht als Erpressungsversuch, der IMMER unrechtmäßig ist, ob im Privaten, ob im Politischen, einfach IMMER unrechtmäßig,

a) zumal in der Politik gerade die Bösesten am wenigsten durch die Gefährdung anderer Menschenleben beeindrucken lassen,

b) zumal die Geiselnahme mit Menschentötung einherging, während für die in israelischer Haft befindlichen Gefangenen um ihr Leben nicht bangen mussten.
= fehlendes Unrechtsbewusstsein, aber strafrechtlich unbeachtlich, denn er hätte sich diese Gedanken machen müssen.

Hinter diesen vier wichtigen Gesichtspunkten blieb das Nasrallah-Bedauern zurück, aber es ist durch sein Geständnis juristisch erwiesen.

Yussuf hat folgendes geschrieben: 
Ich überlasse es jedem Einzelnen zu entscheiden, welchen Akt die Hisb allah mit der Gefangennahme setzte.

Unsinn, sonst hättest Du Dir das Posting sparen können.

Yussuf hat folgendes geschrieben: 
War es ein Akt von Humanität? Immerhin versuchte man ja Kriegsgefangene frei zu verhandeln. 

Auch das ist (milde gewürdigt) UNSINN, denn wir reden über den 12.Juli und da wurden keine "Verhandlungen versucht", sondern getötet und entführt, "Kriegsgefangene gemacht" und nicht "Kriegsgefangene befreit".

Yussuf hat folgendes geschrieben: 
War es ein Akt von Aggression? Immerhin hatte man 3 Soldaten gefangengenommen.

Der Überfall, die Gefangennahme waren keine Aggression? Was erzählst Du für einen Mist.

Yussuf hat folgendes geschrieben: 
War es ein Terrorakt? Immerhin gingen ihn ja die inhaftierten libanesischen Soldaten ja nichts an.

Ob Terrorakt oder nicht, wäre jedenfalls mit Deinem Kriterium nicht zu greifen, denn das "Angehen der Opfer" überwindet noch jeder Terrorist oder Bellizist mit den winkelzügigsten Argumenten.

Yussuf hat folgendes geschrieben: 
Wenn ich mich recht erinnere gibt es doch auch das Recht der Notwehr.

Pure Heuchelei. Denn daran "erinnert" sich jeder. Und das bezweifelte auch niemand.

Yussuf hat folgendes geschrieben: 
Sowie auch das Recht der Notwehrüberschreitung, wenn ich also mein Haus, meine Familie gegen einen Eindringling mit einem Messer bewaffnet, mit einer Handgranate verteidige, dann habe ich das Recht der Notwehr durch die Verhältnismäßigkeit der Mittel überschritten.

Falsch, denn richtig wäre das Beispiel nur, wenn Du andere Verteidigungsmöglichkeiten hattest, sehen konntest usw. oder durch Deinen Waffeneinsatz Unbeteiligte gefährdet würden, ansonsten hättest Du jedes Recht zur Verteidigung, wenn Dich jemand mit einem Messer angreift.

Ein bisschen mehr Nachdenklichkeit und man kommt auch ohne Jura-Studium zu vernünftigen Ergebnissen.

Yussuf hat folgendes geschrieben: 
Übrigens ist zu klären, ... Geheimdienst legten dar, daß es sich bei dieser (Re)aktion um eine lange vorbereitete Aktion handelte, ... 

Das mag für Nasrallah von Bedeutung sein, denn "sonst hätte er nie den Befehl zur Geiselnahme gegeben", aber das ist sein Kalkül-Problem und keines der rechtlichen Beurteilung, dass er den Geiselnahme-Befehl tatsächlich gegeben hat.

Lieber Yussuf, Dein Posting ist so typisch für die Blindheit solcher, die abstrakt für den Frieden schwärmen, aber im Konkreten den Krieg rechtfertigen.

Yussuf hat folgendes geschrieben: 
Ich nehme als bekannt an, daß es seit vielen Jahren einen Pakt zwischen NATO, Türkei, Israel und USA gibt. ... 

Tut nichts zur Sache.

Yussuf hat folgendes geschrieben: 
Für diese "These" spricht eindeutig die Bestelliste der IDF. ... 

Tut nichts zur Sache.

Yussuf hat folgendes geschrieben: 
Auch sehe ich Syrien nicht als den "Waisenknaben" an, als den er sich gerne gesehen haben möchte. ...

Tut nichts zur Sache.

Hier geht es um Nasrallah. Wenn wir diesen Prozess durchhaben, dann gucken wir uns andere an.

Yussuf hat folgendes geschrieben: 
Ich weiß, ich habe in dieses Posting verschiedene Aspekte geworfen, welche auf den ersten Blick scheinbar nur wenig zu tun haben.... 

Tja, um den "ersten Schritt" zu verhindern, um meiner Forderung nach einer Verurteilung Nasrallahs zu begegnen.

Du kannst mir wieder nicht zustimmen, wie immer, wenn es konkret wird - wie dieser anonyme User und Pöv >> Schutz für die favorisierten Obrigkeiten. Sollt Ihr ja ruhig. Seid parteiisch, aber nicht in den Verbrechen. Da braucht es Gegenwehr.

Yussuf hat folgendes geschrieben: 
Doch sollen dies ein paar Hintergrundinformationen sein, um die Berichte der Medien und die Aussagen der Politiker zu relativieren. 

Du "relativierst" meine Forderung, nicht irgendwelche "Medien und Politiker".

Yussuf hat folgendes geschrieben: 
magst du vielleicht recht haben, wenn du einen Mann, den intelligentesten in dieser Region, ... vor dem Richter sehen wolltest. 

Ob ich "vielleicht recht habe", solltest Du anhand der Argumente zu entscheiden fähig sein. Welches Argument war denn falsch? Und welcher "Hintergrund" sollte daran etwas ändern können? Die von Dir genannten jedenfalls nicht.

Und ob nun Nasrallah der Intelligenteste ist, sei dahin gestellt, denn allenfalls unzureichende Intelligenz wäre ein Schuldminderungsgrund.

Alles verkehrt, Yussuf. So nett Du die Dinge auch sagst, was ich Dir anerkenne, aber intellektuell und moralisch wie beim anonymen User und bei Pöv vollständig unemanzipiert und inakzeptabel.

Dennoch bin ich zuversichtlich, dass die Menschen mehr und mehr erkennen, was sie an Leuten haben, die ihnen den "Krieg erklären" wollen - anstatt ihn zu beenden.

Liebe Grüße von Sven 200609     >> DISKUSSION

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