Auf dem Hintergrund der www.diskussionen.de um
        den Atomwaffensperrvertrag kommt
        oftmals die These, dass die atomare Abschreckungsstrategie
        jahrzehntelang den Frieden im Kalten
        Krieg gesichert habe. Dagegen stehen folgende
        Argumente:
        
        "Friedenssicherung im Kalten Krieg" ist ein Widerspruch in
        sich, denn der "Kalte Krieg" zwischen Ost und West entzündete
        seine Feuer auf zahlreichen Nebenschauplätzen Indochinas und Afrikas,
        war mitverantwortlich für Kriege des Nahen und Mittleren Ostens.
        
        Die gegenseitige Atomwaffendrohung hinderte
        die Atomwaffenmächte also
        nicht am Kriegführen gegeneinander, denn in ihrem Weltmachtstreben
        polarisierten sie die Staaten und nahezu jede Gesellschaft in den Antagonismus des
        Ost-West-Konflikts, so dass die gesamte Politik einschließlich aller
        wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse von Demarkationslinien
        durchzogen waren, an denen die Kriege stattfanden, wann immer geglaubt
        wurde, die Demarkationslinie zu den eigenen Gunsten verschieben zu können.
        
        Somit fragt sich, ob die atomare Abschreckung - wenn schon nicht die
        Stellvertreterkriege - nicht doch wenigstens den Angriff auf die
        Machtzentren des Ost-West-Konflikts oder direkte Konfrontation ihrer
        Streitkräfte verhindert habe, suggeriert also, dass die Großmächte
        z.B. anlässlich der Berlin-Krisen mit
        konventionellen Waffen aufeinander losgegangen wären.
        
        Das militärische Muskelspiel war beachtlich, denn es fuhren Panzer auf,
        es rasten Kampfflugzeuge am Himmel, aber zugleich war die gegenseitige
        Zusicherung, dass man keinen Krieg wünsche, auch keinen
        konventionellen, sondern "nur" die
        bestehenden Machtsphären zu sichern gedenke.
        
        Für etwaige Wünsche, diese Machtsphären an den wichtigsten
        Demarkationslinien im Wege der unmittelbaren Konfrontation mit dem
        Gegner ausdehnen zu wollen, gab es wenig Wahrscheinlichkeit, auch wenn
        die Propaganda des Kalten Krieges solche Absichten permanent der
        Gegenseite unterstellte, wie immer auch die Absicht von Angriffen auf
        die Machtzentren selbst, aber das war Propaganda und diente zur
        Forcierung und Legitimation der eigenen Rüstungen einschließlich der
        Atomwaffen.
        
        Es bleibt die Frage zu beantworten, ob denn die Atomkriegsgefahr nicht
        zumindest dadurch die Welt sicherer gemacht habe, dass sie hinter jedem
        Konflikt abstrakte Totalvernichtungsdrohung war, also die
        Konfliktbereitschaft auf konventionellem Niveau gemindert habe.
        
        Aber auch das ist nicht wahr, denn ob nun aus Furcht vor der Totalvernichtung oder
        dem Willen dazu, war ein permanentes Streben nach Übervorteilung der
        Gegenseite, um genau aus der Logik der "massiven Vergeltung"
        herauszustehlen, beispielsweise durch Versuche einseitiger Vorteile bei
        der Landstationierung (Kuba-Krise
        1962) oder bei der Beschattung von seestationierten Atomwaffen durch
        U-Boote, schließlich auch die Fehlinterpretation von Kräften,
        Bewegungen und Täuschungsmanövern, wie es mit der U-Boot-Krise
        1981 zur Destabilisierung beitrug und Olaf Palmes
        Politik vernichtete.
        
        Genau dieses Streben nach Übervorteilung unterminierte stets die Abschreckungsdoktrin und
        erhöhte sowohl die konventionelle als auch die atomare Kriegsgefahr.
        Und letztere besteht überhaupt nur deshalb, weil sich die Atomwaffenmächte
        im Bruch des Art.
        6 Atomwaffensperrvertrag nicht auf ein Regime zur
        Durchsetzung vollständiger (also auch eigener) Atomwaffenfreiheit einlassen.
        
        So fragt sich, was der reale Zweck
        von Atomwaffen ist. Realer Zweck ist Beanspruchung
        von Erpressungspotential zugunsten einer Vormachtstellung in der
        Weltpolitik - und als solche völkerrechtswidrig.
        Und statt den Frieden zu sichern, die Wahrscheinlichkeit einer atomaren
        Totalkatastrophe erhöhend.
        
        -markus rabanus- (Friedensforschung.de)
