Rede von Bundesaußenminister Fischer im Plenum der 59. Menschenrechtskommission in Genf, 25. März 2003

MSR-Kommentare

 Kampf gegen den internationalen Terror
 Entwicklung in Afghanistan
 Ächtung der Folter
 Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea
 Menschenrechtssituation in China
 Menschenrechtslage in Tschetschenien
 Positive Entwicklungen in Kenia
 Internationaler Strafgerichtshof
 Weltweite Achtung der Menschenrechte

Stichworte

Die 59. Menschenrechtskommission tagt in einer dramatischen Zeit. Es herrscht Krieg im Irak. Seine Auswirkungen und Folgen erfüllen eine große Mehrheit der Menschen in Deutschland und in Europa mit großer Sorge. Krieg ist furchtbar. Er ist immer eine Niederlage. Vor allem für die Betroffenen, aber auch für uns alle ist er eine große Tragödie.
Es hätte einen anderen Weg, eine andere Möglichkeit als Krieg gegeben, um die Forderungen der internationalen
Staatengemeinschaft umzusetzen – den Weg der friedlichen
Abrüstung durch die Inspektoren der Vereinten Nationen.

Krieg im Irak
und verpasste Alternative

Aber dies ist nicht die Zeit, um Schuldzuweisungen vorzunehmen. Wir müssen in die Zukunft schauen. Die Staatengemeinschaft ist angesichts der dramatischen Ereignisse dringender denn je gefordert.
Denn die Menschenrechte sind in Kriegs- und Krisenzeiten immer ganz besonders bedroht. Der Krieg wird die irakische Bevölkerung zusätzlich schwächen. Vor allem Frauen, Kinder und gefährdete Gruppen werden die Hauptleidtragenden sein. Das Risiko einer aktuellen humanitären Katastrophe besorgt uns zutiefst.
Daher müssen wir heute an alle Kriegsparteien appellieren, sich unbedingt an das humanitäre Völkerrecht zu halten. Vor allem die Zivilbevölkerung muss geschützt werden. Die
Konfliktparteien müssen sich bei der Behandlung von Kriegsgefangenen an die Genfer Konvention halten.

Forderung nach Waffenruhe fehlt

Gemeinsamer Kampf gegen den
internationalen Terror
So sehr uns der Konflikt im Irak auch beschäftigen muss
– wir dürfen den anderen Krieg darüber nicht vergessen:
Unser gemeinsamer Kampf gegen den internationalen Terror stellt auch und gerade die internationale Menschenrechtspolitik vor neue Herausforderungen.

Terrorbekämpfung

Wir müssen verhindern, dass unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung Menschenrechte und Grundfreiheiten beschnitten und eingeschränkt werden. Die international vereinbarten Normen, unsere gemeinsamen Werte, müssen weiterhin uneingeschränkt gelten. Alles andere wäre ein fataler Rückschlag, ja ein Sieg der Terrorismus. Einen "Anti-Terror-Rabatt" darf es für niemanden geben!

"Anti-Terror-Rabatt"

Wir können nur erfolgreich sein, wenn wir den internationalen Terrorismus nicht ohne oder gar gegen sondern mit menschenrechtspolitischen Mitteln bekämpfen. Militärische und polizeiliche Maßnahmen sind nötig, um die Bevölkerung vor akuter Bedrohung zu schützen – langfristig aber ist die Durchsetzung gleichberechtigter Teilhabe am politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben das nachhaltigste Mittel der Konfliktprävention.

multiple Strategie

Zur Entwicklung in Afghanistan
Der Kampf gegen den Terrorismus wird nirgendwo so deutlich und sinnfällig wie in Afghanistan. Kein Land hat er so verändert. Nach dem Sieg der Staatengemeinschaft über das menschenverachtende Taliban-Regime schreitet der Konsolidierungsprozess in Kabul jetzt voran. Die internationale Gemeinschaft ist unter Leitung der Vereinten Nationen dabei, ein gesichertes Lebensumfeld für Millionen von Afghanen aufzubauen.

Dieser Prozess ist gewiss mühselig und weit davon entfernt, als abgeschlossen betrachtet werden zu können. Aber wir sehen Erfolge. Mit großer Aufmerksamkeit verfolgen wir jetzt die Arbeiten an der neuen Verfassung des Landes. Hier müssen die internationalen Menschenrechte, insbesondere auch die Frauenrechte und der Grundsatz der Gleichberechtigung, verankert
werden.

Afghanistan-Status

Ächtung der Folter Trotz aller Bemühungen um die weltweite Ächtung der Folter ist das Ausmaß an Folterungen immer noch erschreckend. Dass eine steigende Zahl von Staaten im Kampf gegen den Terror Folter stillschweigend oder sogar ausdrücklich duldet, besorgt uns. Das Verbot der Folter gilt absolut. Auch im Notstandsfall gibt es keine Ausnahmen. Um es klar auszudrücken: Jede Legitimierung der Folter würde das Fundament Jahrzehnte langer Bemühungen um
völkerrechtliche Verankerung von Menschenrechten untergraben.

Folter-Status

Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea
Anhaltende Berichte schwerer Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea sind Anlass zu großer Sorge. Der dortigen Bevölkerung werden entscheidende Grundrechte vorenthalten. Gleichzeitig leiden die Menschen unter der humanitären Notlage. Ohne Garantie für die Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und den Verzicht auf Folter kann eine Gesellschaft nicht gesunden. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die ersten Anzeichen der Regierung in Pjöngjang, mit der EU und der internationalen Gemeinschaft in einen Dialog zu Menschenrechtsfragen einzutreten.

Nordkorea-Status

Zur Menschenrechtssituation in China
Auch die Menschenrechtssituation in China ist noch nicht zufrieden stellend. Zwar hat es in jüngster Vergangenheit Freilassungen politischer Gefangener gegeben – dennoch werden auch weiterhin Andersdenkende staatlich verfolgt.
Zahlreiche religiöse und ethnische Minderheiten können die Rechte, die ihnen zustehen, noch immer nicht in Anspruch nehmen.
Erfreulich sind die erfolgreichen Kontakte und Besuche von Vertretern des Dalai Lama in der Volksrepublik und die bereitwillige Zusammenarbeit Pekings mit einigen
VN-Menschenrechtsmechanismen. Wir hoffen daher, dass China bald eine verbindliche Zusage über einen Ratifizierungstermin des VN-Pakts über bürgerliche und politische Rechte gibt und appellieren an die Regierung in Peking, die exzessive Anwendung der Todesstrafe zu unterbinden.

China-Status

Zur Menschenrechtslage in Tschetschenien
Besorgniserregend bleibt weiterhin die Menschenrechtslage in Tschetschenien. Einerseits sind die Terrorakte, die von tschetschenischen Rebellen begangen wurden, klar zu verurteilen.
Andererseits muss die Regierung in Moskau jedoch in ihrem legitimen Kampf gegen den Terrorismus die Menschenrechte und humanitären Grundregeln einhalten. Wir erwarten von unseren russischen Partnern, dass sie ihrer Verantwortung im Nordkaukasus gerecht werden und Menschenrechtsverletzungen künftig verhindern sowie begangene strafrechtlich verfolgen. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die Ankündigung von Präsident Putin, die Säuberungsaktionen der russischen Sicherheitskräfte einzudämmen. Trotz aller in der Öffentlichkeit bestehenden
großen und ernsten Fragezeichen gegenüber dem abgehaltenen Referendum hoffen wir, dass dadurch der Prozess einer wirklichen politischen Lösung vorangetrieben wird.

Tschetschenien-Status

Positive Entwicklungen in Kenia
Der Aufbruch nach den Präsidentschaftswahlen in Kenia hat uns alle ermutigt. Wir möchten die neue Regierung ermuntern, auf dem eingeschlagenen Weg der Demokratisierung voranzuschreiten.
Dass nach Abschaffung der Schulgebühren über sechs Millionen Kinder den Weg zurück in die Schulen gefunden haben, ist für uns ein sehr erfreuliches Ereignis. Durch diesen Schritt wird das Recht auf Bildung in vorbildlicher Weise umgesetzt.

Kenia-Status

Gründung des Internationalen
Strafgerichtshofs als Meilenstein in der Geschichte des Völkerrechts und des internationalen Menschenrechtsschutzes 

Vor wenigen Tagen wurden in Den Haag die 18 Richter des Internationalen Strafgerichtshof vereidigt. 
Die Gründung dieses Gerichts ist ein Meilenstein in der Geschichte des Völkerrechts und des internationalen Menschenrechtsschutzes. Erstmals ist eine ständige Instanz geschaffen worden, die Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafrechtlich verfolgen wird. Jetzt müssen wir alles daran setzen, die Funktionsfähigkeit und Effektivität des
Gerichtshofs zu stärken. 
Wir rufen deshalb alle Staaten, die dem Projekt bislang zögerlich oder gar kritisch gegenüberstehen, auf, sein Statut zu ratifizieren oder ihm beizutreten. Nur mit einer universellen Unterstützung durch die Staatengemeinschaft kann er seiner Aufgabe gerecht werden.

Internationalen
Strafgerichtshofs

 

Hier kommt Fischer über nette Gemeinplätze nicht hinaus: 

"Nur mit einer universelle Unterstützung" ist übertriebene Anforderung. 
Mag sein, dass Fischer so aus diplomatischen Motiven formuliert.

Richtiger wäre: Mit jedem Staat wird der Gerichtshof "seiner Aufgabe besser gerecht".  

Recht "gilt" nicht erst, wenn sich der letzte Verbrecher daran hält.

Für die weltweite Achtung der Menschenrechte 

Wir alle müssen darum kämpfen, dass die Menschenrechte in unseren Ländern gewahrt und umgesetzt werden. Einen Krieg kann man mit militärischen Mitteln gewinnen – aber nicht den Frieden. 
Dauerhafte und stabile Sicherheit ist erst dann
gewährleistet, wenn die Menschenrechte und Grundfreiheiten anerkannt und weltweit geachtet werden. Wenn wir in allen Ländern zu einer Kultur der Offenheit und Toleranz gefunden haben. Wenn wir den Teufelkreis von Not, Elend, Unterdrückung, Gewalt und Konflikten durchbrochen haben.

Fischer übertreibt wiederum die Anforderungen: 

Zur "weltweiten Achtung der Menschenrechte" genügt, dass sich ausreichend Staaten darin einig sind und nach friedlicher Durchsetzung suchen.

Recht "gilt" nicht erst, wenn sich der letzte Verbrecher daran hält.
Die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen ist das zentrale Forum der Staatengemeinschaft zur Diskussion unseres gemeinsamen Anliegens. Nur im multilateralen Rahmen werden wir überzeugend für die Umsetzung allgemeiner Werte und Normen kämpfen können. Diesen Rahmen liefern uns die Vereinten Nationen und nur die Vereinten Nationen. Sie bleiben die wichtigste Institution für den Erhalt von Frieden und Stabilität in der Welt von heute und morgen. Für ihre friedensbewahrende Funktion gibt es keinen Ersatz.

Vereinte Nationen

Auch mit diesen netten Worten bricht Fischer keinen neuen Einsichten Bahn.

Sieht Fischer keinen Reformbedarf für die UNO



Ich danke Ihnen.

Tagung der 59. Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen
 


weitere Informationen und Links unter:
http://www.auswaertiges-amt.de/...
 
 

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