Moralerziehung
 

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  All unsere Bemühungen um politische Vernunft sind zum Scheitern verurteilt, wenn wir uns darauf verlassen würden, dass Aufklärung und Bildung ausreichten, um die Verhältnisse zu bessern. Je mehr wir den Menschen mit Wissen ausstatten, desto mehr sind wir darauf angewiesen, den Menschen zu motivieren, sein Wissen in sozialer Verantwortung zu nutzen.

Aufklärung und Bildung  sind keine Garanten für politische Vernunft.

Dieser Text richtet sich nicht an Schlaumeier, sondern soll "einfach nur einfach" sein, aber wir bemühen uns um Richtigkeit:

Moral scheint ein Begriff aus der Mottenkiste, denn die Moral sorgt sich zumeist um Verhaltensweisen,  die sich in der Vergangenheit "bewährt" haben.  ("bewährt", also "bewahren")

Was sich allerdings wirklich "bewährt" hat, ist oft im Streit der Generationen.  
Noch vor wenigen Jahrzehnten galt der Mann als "natürliches Familienoberhaupt", die Frauen hatten kein Wahlrecht.  Das galt als "bewährt" und es war doch verkehrt und änderte sich.  
Noch vor wenigen Jahrzehnten glaubte man in Deutschland, dass sich nicht bewähren könne, wenn sich Protestanten mit Katholiken verheiraten, ohne dass eine Seite konvertiert. Heute hingegen sind solche "Mischehen" eine Normalität wie anderes auch, was früher "undenkbar" schien. 

So wird die Moral von Generation zu Generation viel von denen gepredigt, die möchten, dass ihre Kinder keine "neuen Wege" gehen.  Aber die Kinder tun es trotzdem und mit ihren Wegen verändert die Moral ihren Inhalt - immer "etwas hinterher" und wieder werden die Kinder ihren Kindern "Moralpredigten" halten, so sehr sie selbst sich gegen die Moral der Eltern verwahrten.

Moral als zukunftsbezogener Begriff  ist durch diese Alltagserfahrung kaum verständlich.  

Doch überlegen wir zunächst, wie wir Moral definieren können, indem wir seine Momente auflisten:

 -  Moral als "gesellschaftliches Gewissen" 

 -  Gewissen als "individueller Unterscheidungsmaßstab für Gut und Böse"

 -  Gut und Böse als "Wirkung für den Einzelnen und die Gesellschaft"

Hinsichtlich der Beurteilung zahlreicher "Wirkungen" sind sich die Menschen immerhin so einig, dass sie daraus Gesetze basteln: Strafgesetze, Zivilgesetze und viele Verordnungen und Satzungen:

 -  Normen sind also Teil der Moral.

Würden Verstöße gegen diese Normen nicht bestraft, so wäre beispielsweise der Dieb besser gestellt als der Bestohlene und das Verhalten des Diebes wäre "vernünftiger" als die Arbeit des Bestohlenen, wenn der Erfolg der Arbeit durch Stehlen vernichtet werden dürfte:

 - Vernunft ist also Teil der Moral und soll dem 
    Normgetreuen erfolgsichernd sein

Vernunft ist wie die Moral einem stetigen Inhaltswandel unterworfen:  galt vor Jahrhunderten noch als "vernünftig", dass es Könige und Untertanen gab, so ist das mit dem heutigen Menschenbild der rechtlichen Gleichwertigkeit allen menschlichen Lebens unvereinbar geworden. Dass sich gleichwohl viele Bosse in Politik, Wirtschaft und Familie anders verhalten und trotzdem von vielen Benachteiligten angehimmelt werden, zeugt von der Unreife des Menschen, seinen theoretischen Erkenntnissen praktisches Verhalten folgen zu lassen:

 - Moral erkennt den Unterschied von Soll-Zustand und Ist-Zustand

Auch Ideologien und Religionen enthalten und entwickeln "Moralvorstellungen". 
Das können sehr gegensätzliche "Moralvorstellungen" sein, oft jedoch erscheinen sie "gegensätzlicher" als sie bei näherer Betrachtung sind. Oft macht sich der kleine Unterschied "wichtig", weil seine Anhänger "wichtig" sein möchten.
Aber das brauchen wir hier nicht zu vertiefen, sondern nehmen der Einfachheit halber mal hin, dass es solche "enormen Gegensätze" geben würde, denn auch für eine solche Behauptung brauchen wir Lösungen:

 - Moral strebt nach Vervollkommnung gerechter Verhältnisse

Tourismus, Handel mit Rohstoffen, Filme, Sportereignisse, die Kultur - alles wird allein durch den technischen Fortschritt andauernd "globaler". 

Diese Globalisierung verläuft spontan und vollzieht sich vom Wollen des einzelnen Menschen weitgehend unabhängig.
Es treffen in diesem Prozess immer öfter die verschiedenen Gesellschaften, immer mehr auch die Menschen mit ihren unterschiedlichen Moralvorstellungen aufeinander und brauchen gemeinsame Regeln (Moralübereinkünfte), damit sich an ihren Unterschieden kein Streit entzündet:

- Moral muss sich also durch Übereinkünfte globalisieren

Der künftige Mensch wird also nicht anders leben, als seine Moral entwickelt wurde.

Also ist Moral ein "Zukunftsbegriff", denn wir brauchen Vorstellungen von künftigen Rechtsbeziehungen zwischen vermehrt miteinander in Kontakt kommenden Staaten, aber zugleich auch vermehrtem Kontakt zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft und Moralvorstellung. Die Mobilität ist kein moralisch vertretbares Vorrecht für die Menschen mit gefüllten Geldbeuteln, so sehr sich diese Menschen ihrer Privilegien erfreuen und einbilden mögen, dass sie sich diese Vorrechte "verdient" hätten. 

Kein Mensch, denn so schlau sind sie alle, lässt sich freiwillig das Recht auf Leben und Chancengleichheit absprechen. 
Und nichts anderes geschieht, wenn sich Menschen auf den Weg in die Industrienationen machen, um im Sonnenlicht des Tages anstatt zu verdursten den gefüllten Kühlschrank zu öffnen.  Ob das "Boot voll ist", entscheidet sich nicht in den Industrienationen, sondern im Wohlstandsgefälle international und die Ertrinkenden werden es uns nicht danken, wenn wir ihnen mit den Rudern auf die Köpfe schlagen. 
"Greencards" und andere Skurrilitäten werden irgendwann in ihrer moralischen Verwerflichkeit erkannt und abgeschafft, die Frage ist nur, ob wir selbst Wege finden, den Menschen weltweit gleiche Lebenschancen zu gewähren oder ob uns dieses abgerungen werden muss.

Die Armutsmigration beruht nicht auf Freiwilligkeit, sondern ist notbedingt.  Deshalb steht bei diesen Menschen auch nicht im Vordergrund, "mit uns zu leben", sondern eher "wie wir zu leben". Es kommt zu einem Nebeneinander anstatt zu einem Miteinander, es bleibt bei gegenseitiger Unkenntnis und Skepsis. Und das sind die Ursachen für Konkurrenz und Konflikte.  zum Stichwort Integration

 -  Moral ist Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck

Wer ermöglichen möchte, dass die Menschen in ihrer Heimat bleiben, der wird daran mitwirken müssen, dass die Menschen auch dort menschenwürdig leben können.  Aber wie auch immer es kommen mag, ob sich nun die Lebensverhältnisse angleichen oder nicht, die Menschen werden sich in ihrer Freiheit keine Grenzen setzen lassen

Um dieses erforderliche Regelwerk (=gemeinsame Moral) zu entwickeln, brauchen wir Kenntnis von den Moralvorstellungen "der anderen", denn Übereinkünfte setzen die Einbringung der Beteiligten voraus.  Die Freiwilligkeit ist dabei der Garant für die Friedlichkeit. Das unterscheidet internationales und multikulturelles Zusammenleben nicht vom Einkauf des Brötchens: Bäcker und Kunde müssen das Geschäft wollen, ansonsten hat es zu unterbleiben. Wer hingegen versucht, das Brötchen kraft vorgehaltener Pumpgun zu "kaufen", gehört ins Gefängnis (nach unseren "Moralvorstellungen" -  und das ist gut so:

 - Moralität bedeutet den Zwang zur Strafe, damit der Moralverstoß unterbleibt

Die Nichtbestrafungsideologie von einigen Vertretern etwa der antiautoritären Erziehung überfordert den Menschen, denn sie vertraut auf eine Vernunft, zu deren Moralität die Bildung genüge. Aber das ist selten der Fall. Der Mensch ist zwar nicht von vornherein schlecht, aber oft ist er auch nicht besser, als wir ihn notfalls durch Zwang dazu veranlassen.

Und schließen wir trotzdem mit der Betonung, dass sich die Moral ändert und auch ändern muss, damit sie den Gesellschaften Gewissen bleibt und nicht zu Doppelmoral derer verkommt, die sich darauf berufen und sich selbst nicht daran halten:

 - Moral ist, worüber der Streit nicht enden kann,

wir müssen den Streit nur so führen, dass wir nicht darin untergehen, sondern gemeinsam daran gewinnen.

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Strafrecht statt Moral? Ist Moral überflüssig? (Quelle: Universität Marburg)       Dialog-Lexikon

Pragmatismus, Radikalismus, Mittelmaß, Moral und Vernunft